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Roma-Autoren erzählen…
… Hören Sie gut zu!

Denn sie haben viel zu sagen. In einer Reihe von Lesungen stellten tschechische, slowakische und ungarische Roma-Autoren ihre Erinnerungen an die Zeit und die Welt ihrer Kindheit vor, mit allen schönen, aber auch traurigen, manchmal skurrilen und nicht selten traumatisierenden Augenblicken, die jedoch ständig mit innerer Ruhe und verblüffender Stärke hingenommen wurden. Scheinbar unvergessliche Erlebnisse, an denen aber wie an allem anderen der Zahn der Zeit nagt.

Roma-Autoren erzählen

Ihre Texte bieten ein intimes Zeugnis aus der Mitte einer Gruppe, die lange Jahre schweigen musste: Im kommunistischen Osteuropa gehörte es zum Alltag, dass den Roma das Betreten von öffentlichen Plätzen und der Gebrauch ihrer Muttersprache verboten wurde, dass Kinder aus den Familien genommen und der „Umerziehung“ unterworfen wurden.

Mit einer rührenden Aufrichtigkeit enthüllen die Autorinnen und Autoren ihre Werte, ihre Anlässe für Freude und Trauer, ihren Alltag. In ihren Texten finden wir – im Gegensatz zur heutigen Mainstream-Literatur – keine Berechnung und kein Bemühen um den eigenen Vorteil. Durch ihre Erzählungen lernen wir dafür einen vielschichtigen Mikrokosmos kennen, der zum Nachdenken anregt: Unterscheidet er sich wirklich so sehr vom Kosmos der „Gadje“, der sogenannten Fremden? Wenn ja, wodurch? Etwa weil einige der Figuren Lebensmittel, und besonders Brot, hoch schätzen, zumal sie ihm die Kraft zuschreiben, gegen böse Geister zu helfen? Oder ist etwa der Schmerz einer Roma-Mutter, der ihre drei Söhne weggenommen werden, anders, als der Schmerz einer Nicht-Roma-Mutter? Und wie groß ist ihre Dankbarkeit, wenn sie nach 20 Jahren zurückkommen? Wie soll man dann aber so einen Satz verstehen, wie diesen: „Sie war so hübsch, fast wie ein weißes Mädchen“?

Die zentrale Figur ist dabei oft die Großmutter: Eine einfache Frau, manchmal ohne Bildung, aber auf jeden Fall mit einem großen Herzen und einer Schatztruhe voller Lebenserfahrungen. Sie symbolisiert die Liebe zu den Kindern, die Geborgenheit, die sie ihnen gibt, und nicht zuletzt die alte Zusammengehörigkeit der Roma und den traditionellen Respekt gegenüber älteren Menschen. Diese Aspekte der Erzählungen stellen die Lebenswahrheit und die ursprünglichen Werte der Roma dar. Und gerade damit bieten die vorgestellten Texte eine Bereicherung für jeden, der sich nicht nur auf eine neue Schreibweise einlässt, sondern auch bereit ist, über die Dinge nachzudenken, auf die es im Leben wirklich ankommt.